Legt ein Arbeitnehmer im Rahmen seiner Nachweispflicht einen gefälschten Impfnachweis vor, berechtigt dies den Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung. Die Beweislast dafür, dass eine Fälschung vorliegt, liegt aber beim Arbeitgeber – so das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in einem laufenden Verfahren.
Darum geht es
Der Arbeitnehmer war seit dem 01.09.1990 bei seiner Arbeitgeberin tätig. Im Herbst 2021 galt bei der Arbeitgeberin die 3G-Regelung (§ 28b Abs. 1 IfSG in der Fassung ab dem 24.11.2021). Es durften nur Personen den Arbeitsplatz betreten, die geimpft, getestet oder genesen waren (3G). Die Arbeitgeberin forderte von den Beschäftigten einen entsprechenden Beleg an.
Am 25.11.2021 legte der Kläger ein digitales EU-Impfzertifikat vor, welches einen vollständigen Impfschutz ab dem 13.09.2021 auswies. Der Impfpass selbst wies jeweils eine Impfung vom 12.08.2021, sowie vom 13.09.2021 mit den Impfchargen COMIRNATY CH.-BSCRW2 und –BSCVY8 auf, die laut Impfausweis in der Praxis einer Berliner Ärztin verabreicht wurden.
Eine Nachprüfung ergab, dass der Kläger an beiden Impfterminen arbeitsunfähig erkrankt war. Weiterhin liefen gegen die Berliner Ärztin diverse Strafverfahren wegen des Verdachts auf illegalem Handel mit gefälschten Impfausweisen.
Die Arbeitgeberin befragte den Mitarbeiter am 3.1.2022 im Beisein des Betriebsrats und konfrontierte ihn mit dem Vorwurf, einen gefälschten Impfnachweis vorgelegt zu haben. Mit Schreiben vom 07.01.2022 erklärte die Arbeitgeberin nach Anhörung des Betriebsrats die fristlose, hilfsweise die fristgerechte Kündigung.
Das Arbeitsgericht (ArbG) hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben (ArbG Duisburg, 25.03.2022 – 5 Ca 45/22). Zwar stelle das Vorlegen eines gefälschten Impfpasseses einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses dar (§ 626 Abs. 1 BGB). Allerdings kam das Gericht nach der Beweisaufnahme zu dem Ergebnis, dass die Arbeitgeberin nicht nachweisen konnte, dass der Kläger einen gefälschten Impfpass vorgelegt hatte. Die Voraussetzungen für eine Verdachtskündigung seien ebenfalls nicht gegeben, da sie hierzu den Betriebsrat nicht angehört hatte.
Das sagt das Gericht
Die 8.Kammer des Landesarbeitsgerichts hat in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass eine Impfpassfälschung die außerordentliche Kündigung rechtfertigen würde. Das Gericht erließ einen Beweisbeschluss: Zur streitigen Frage des tatsächlichen Vorliegens einer Fälschung ist eine Beweisaufnahme erforderlich. Die Verhandlung wird fortgesetzt.
Hinweis für die Praxis
Die Impf- und Nachweispflichten gegen Covid-19 mögen unbeliebt sein, aber dem Arbeitgeber einen gefälschten Impfnachweis vorzulegen, ist ein Vertrauensbruch, der das Arbeitsverhältnis in Frage stellt. Zumal es im Rahmen der 3G-Pflicht auch einem impfunwilligen Arbeitnehmer möglich gewesen wäre, fallweise negative Covid-Tests vorzulegen, statt sich impfen zu lassen.
Die gute Nachricht für die Arbeitnehmer liegt aber darin, dass auch dieses Landesarbeitsgericht betont, dass der Arbeitgeber die Fälschung erst beweisen muss. Allein die Tatsachen, dass der Arbeitnehmer krankgeschrieben war und es Vorwürfe gegen die ausstellende Ärztin gab, waren für das Gericht nicht ausreichend.
Auch bei einer Verdachtskündigung muss der Betriebsrat eigens angehört werden – damit kann der Betriebsrat sicherstellen, dass der Arbeitgeber hier nicht willkürlich vorgeht.
Quelle
LAG Düsseldorf (04.10.2022)
Aktenzeichen 8 Sa 326/22
LAG Düsseldorf, Pressemitteilung vom 6.10.2022